Um einen kurzen Überblck über den Thüringer Schieferbergbau zu bekommen, nahm ich die Einladung von Sven gerne an, mit ihm und Olly einen Ausflug nach Thüringen zu unternehmen. In den 6 Tagen hatte ich Gelegenheit verschiedene Einblicke in die Abbautechnik und Historie des regionalen Bergbaues zu erhalten.
Erste Eindrücke des gewaltigen Aufwandes an die steilstehenden Dachschieferlagen zu kommen, konnte ich am Bocksberg sammeln. Hier wurde seit alter Zeit der Schiefer im Tagebau gewonnen. Der beim Freilegen der Schieferlagen anfallende Abraum aus taubem Gestein und minderwertigem Schiefer musste komplett aus dem Hohlraum entfernt werden und wurde seitlich abgekippt. Noch heute haben sich von dieser Vorgehensweise dort tiefe Schluchten und gewaltige aufgetürmte Halden erhalten. Eindrucksvoll waren auch die Dörfer bestehend aus vielen Spalthüttenruinen, die auf den gewaltigen Halden entlang des Tagebaues sich aufreihten. Noch nie hatte ich vorher eine solche Ansammlung dicht gedrängt entlang der Zugangseinschnitte gesehen. Bei Fortschreiten des Abbaues in die Tiefe war es nicht möglich, weitere Einschnitte anzulegen und so wurden Förderstollen angelegt die dann durch die Abraumhalden verlängert werden mussten um darunter eine neue Ebene für die Spalthütten anzulegen.
Weiter ging die Forschungsreise mit der untertägigen Erkundung der Aufschluß- und Förderstollen, die ab 1880 aufgefahren wurden, um den Schiefer unter dem Tagebau untertägig zu gewinnen. Hierbei wurde vorerst das gleiche Schema angewandt. Oben wurde eine Wetterverbindung zu einer Stollensohle hergestellt. Von unten wurde eine Förderstrecke angelegt und der Schiefer im Hohlbau dann von oben nach unten hereingewonnen. Auch diese Abbaue wurden komplett ausgeräumt.
Dies änderte sich erst ab 1925 mit der Einführung des hier sogenannten Rheinischen Abbaues, auch als Firstenbau bekannt. Der Abraum verblieb nun zum größtenteil im Abbau. Die Abbaufront wandere nun von unten nach oben, auf dem verbliebenen gestapelten Abraum. Für die Abförderung der Schieferblöcke wurden Rampen und für die Bergleute Fahrwege (für Leitern, der Bergmann sagt Fahrten, daher Fahrweg) ausgespart.
Ab 1925 wurde auch der bislang als Abfall auf Halde gelandete minderwertig verschmähte Schiefer verarbeitet. Er wurde zu Schiefersplitt gebrochen oder Schiefermehl vermahlen. Schließlich wurde auch Blähschiefer für Leichtbetonsteine hieraus hergestellt . Da das Schiefermehl im 2. Weltkrieg als Kriegswichtig für die Rüstung eingestuft wurde, konnten einige Gruben die sich hierauf spezialisiert hatten, Ihre Bergleute halten. In den Schiefermehl-Betrieben wurde der Dachschiefer statt wie vorher schonend abgebaut nun einfach mit Sprengstoff zu Bruch geschossen. Das System konnten wir in einem erhaltenen Bergwerk mit Staunen nachvollziehen. Das Haufwerk wurde mittels Wurfschaufellader in Loren verladen und nach Übertage zur Produktion gebracht. Dieser Betrieb konnte sich bis zur Wende halten. Dann verfiel die Anlage.
Die Reise war ein schöner Einblick in den Thüringer Schieferbergbau der Lust auf eine Fortsetzung macht.
Zum Schluß möchte ich noch die geniale Literatur erwähnen, die kürzlich in Ludwigstadt erschienen ist:
Siegfried Scheidig, Frank Barteld: Thüringisch-Fränkischer Schieferbergbau 1
Siegfried Scheidig, Frank Barteld, Frank Schein: Thüringisch-Fränkischer Schieferbergbau 2
Weitere Literatur:
Harry Hess: Die thüringische Dachschieferindustrie. 1930.