Auf der Suche nach dem Alten Bergbau im Sauerland in den Neunziger Jahren war mir die Grube Churfürst Ernst am Erbenstein bei Bönkhausen unbekannt. Das Buch "Die Technischen Denkmäler" von Rainer Slotta verschwieg nämlich diese Grube erstaunlicherweise. Erst in einem anderen Buch fand ich beim durchblättern einen Hinweis auf diese Grube bei Bönkhausen.
Dann machte ich mich auf die Suche nach diesem alten Bergwerk. Ich fand den damals schon vergitterten Neuen Stollen und weitere alte Stollen, deren Halden, Schächte und Stauteiche. Dann veröffentlichte ich die erste Version meines Artikels zur Grube und kontaktierte das Bergbaumuseum und lernte Herr Dr. Bartels kennen. Dies ist die Geschichte der Grube in meiner neuesten Fassung nach Sichtung von Akten.
Im 15. Jahrhundert wurden hier Bleierze entdeckt. Es war wohl auch immer eine Bleierzgrube ohne nennenswerte Silberfunde. Der Gang streicht von Norden nach Süden und führt einen Hauptvorkommen, das an 5 Stellen abbauwürdige edle Mächtigkeiten erreichte. Im Hangenden und Liegenden des Hauptganges gab es weitere Trümmer die teilweise abgebaut werden konnten.
Auf diesen 5 Erzmitteln wurden entsprechende Schächte bzw. Bergwerke angelegt. Es handelte sich um folgende:
- Hengeschacht
- Laffertsschacht
- Richtschacht
- Hinterer Laffertsschacht
- Unedlen Schacht
Im 16. Jahrhundert, um 1530 war der Bergbau nicht mehr zu betreiben, da das Grundwasser den tieferen Abbau behinderte. Es wurde also vom Erzbischof Köln, der als Landesherr den Zehnten der Bergwerksförderung für dieses Bergwerk erhielt, ein Plan entworfen, der 16 interessierten Gewerken Vorteile versprach, wenn Sie dieses Bergwerk mit einem Erbstollen lösen würden. So erhielten Sie 2 Jahre Zehntfreiheit. Zu den Gewerken gehörten Graf Ludwig von Stolberg und Hermann von Neuenahr.
Im Jahre 1533 wurde dazu die erste Kölnische Bergordnung erlassen und diesmal wurde auch für den Erbstollen am Erbenstein angeordnet, dass für gefördertes Blei der Neunte Zehnte an den sogenannten Erbstöllner abegeben werden soll.
Für den Vortrieb des St. Sebastian Stollens und allem was dazugehört schlossen die Gewerken 1536 einen Vertrag über 12 Jahre mit einem Unternehmer ab. Dabei handelte es sich um Arnold von Kempen der bekannt war, sich um Wasserhaltungsprobleme zu kümmern. Das anfallende Bleierz beim Vortrieb des Stollens durch die Erzmittel und dem Abteufen der Lichtlöcher und Schächte durfte Kemper wohl behalten. Auf diese Erzförderung musste Kemper aber den Zehnt bezahlen. Um die Kosten zu verringern pachte Arnold von Kempen für 400 Goldgulden den Zehnten und musste damit die lästige Förderabgabe nicht mehr zahlen. Da das Teufen der Schächte zum Stollen Wasserprobleme mit sich brachte wurde die Pachtsumme auf 100 Goldgulden verringert.
Um 1560 waren die Arbeiten fertig - es konnte wieder tüchtig Bleierz gefördert werden. Die drei Gewerkschaften die sich die Grube teilten waren:
- Graf Ludwig von Stolberg-Königstein
- Eine Gewerkschaft der Arnold von Kempen angehörte, die nun von seinem Sohn Johann von Kempen als Faktor vertreten wurde.
- Lindenau’sche Gewerkschaft, sie verlegte die Saigerhütten des Grafen von Mansfeld mit.
Das Blei wurde nach Mansfeld geliefert wo es in den Saigerhütten zum Lösen des Silbers aus dem Kupferschiefer gebraucht wurde. Nach 1580 ging der Bergbau durch die Pest zurück und 1585 wurde Hans Joachim Lautenschläger von Kurfürst Ernst von Bayern als Bergwerksverwalter eingesetzt.
Im 17. Jahrhundert wechselte das Bergwerk häufiger den Besitzer. Auch die Junker von Lenhausen und Consorten versuchten sich mit einem Stollen, musste aber wegen Mangel an Bergleuten den Betrieb aufgeben. Nach dem Dreißigjährigen Krieg nahm eine neue Gewerkschaft den Betrieb auf. Diesmal befahl der Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern 1654 die Wiederinbetriebnahme. Es war ein neuer Tiefer Stollen in Betrieb, der Wildekatzer Stollen. Er war bereits 150 m vorgetrieben und sollte noch 200 m weiter bis zum Erzgang vor sich haben. Da der Wildekatzerstollen noch nicht durch war, wurde bereits in Gesenken unter der Stollensohle des St. Sebastianstollens Erz abgebaut.
Mitte des 18.Jahrhundert muss der Betrieb wieder aufgegeben worden sein. Johannes Franz Becker schreibt um ca. 1760 über das Bleibergwerk in Bönkhausen. Er habe einen Erbstollen aufgemacht und säubern lassen. Der Stollen war ca. 200 m lang und es war Blei und Silber gefunden worden. Neue Gewerken beteiligten sich. Dieser Stollen war seinerzeit die letzte Hoffnung um den Erbenstein wieder in reiche Ausbeute zu setzen. Am Erbenstein wurde in der Rezessgelderliste von 1794 nur das Bergwerk Wilde Katz angegeben. Dann wurde der Stollen aufgegeben nach dem der angetroffene Erzgang, der sogenante Wilderkatzer Gang taub wurde.
Im 19. Jahrhundert fing eine neue Gewerkschaft unter dem Kaufmann Joseph Cosack als Mehrheitsgewerke mit neuem Kapital an, den Bergbau wieder aufzunehmen. Es wurde ein neuer Stollen (Neuer Stollen, auch Churfürst Ernst Stollen genannt) angefangen um die Baue der Alten zu unterfahren und die Erze von unten nach oben abzubauen. Wie groß war aber die Überraschung, als fast alle edlen Erze schon abgebaut waren! Da die Alten Bergleute ihren Abbau nur auf die edelsten Bleierze konzentriert hatten waren aber noch einige verwachsene Partien auch in den Nebentrümmern des Alten Mannes im Hauptganges zu gewinnen. Daher wurde vor dem Stollen eine Aufbereitungsanlage angelegt um alle diese Pocherze und die alten Halden durchzuarbeiten. So ließ sich noch Bleierz gewinnen.
Da nicht mehr viele edle Bleierze anstanden, führte dies dazu, dass wieder nach einer tiefen Lösung der Grube unter der jetzigen Stollensohle gesucht wurde. Eine Pumpe wurde von Cosack jedoch vorerst ausgeschlossen. So wurde weiter der Abbau der von den Alten stehen gelassenen Pocherze im Heinrichsgang fortgeführt und es wurde der Wildekatzer Gang von der Stollensohle aus untersucht. Doch auch dieser vertaubte bald wieder.
So wurde nun 1858 doch ein Tiefbau angefangen. Dafür wurde im Neuen Stollen ein Gesenk angelegt. Über den Antrieb für die Pumpenanlage wurde diskutiert. Im Rennen waren Turbinen, die ihr Wasser über den Wildekatzer Stollen erhalten sollten und dann über einen Überbruch im Wildekatzer Gang das Wasser auf den Neuen Stollen abgeben sollten. Stattdessen wurde aber ein Wasserrad vor dem Stollen errichtet. Da man das Wasser nicht von dem Pochwerksantrieb abzweigen konnte, wurde das Rad 70 m weiter abwärts am Bach aufgestellt und damit das bereits genutzte Wasser aus dem Pochwerk nochmal genutzt. Die Antriebskraft wurde mittels eines hölzernen Feldgestänges bis zum Stollen und dann im Stollen in Eisenausführung bis zum Kunstgesenk geführt. Hier arbeitete eine 12 zöllige Saugpumpe und als Reserve eine kleinere mit 10 Zoll.
Nun konnte also eine Gesenksohle bei 20 m unter dem Stollen anlegt werden. Es sollte damit der Alte Abbau unterfahren und abgebaut werden. Man traf jedoch nur Pocherze an und dann die Überaschung: Aber auch hier waren die Alten schon mit Ihrem Abbau gewesen. Es konnten daher nur noch die Pocherze gewonnen werden. Auch Aufschlußarbeiten erbrachten nur die Erkenntnis das sich der Abbau hier nicht lohnte.
Also wurde als Hilfsantrieb eine Dampfmaschine angeschafft und noch mal bei 7 m tiefer eine Sohle angesetzt wo man nun den Alten Abbau unterfahren konnte und feststellte, dass sich alle liegenden und hangenden Trümmer mit dem Hauptmittel vereinigt hatten. Beim Abbau des Hauptmittels vertaubte dieses ca. 1 m unter der 2. Sohle.
1878 wurde der Grubenbetrieb eingestellt. Bis 1892 werden nur noch die Halden aufbereitet und kein weiterer Abbau betrieben. Die aufbereiteten Erze wurden nach Ramsbeck verkauft.
Auch hier zeigte sich mal wieder: Die Alten hatten den Bergbau nicht wegen Mangels an Wissen über Bergbau-Technik, Grenzen der Kapitalisierung oder Grenzen der möglichen Antriebsenergie den Bergbau aufgegeben sondern wegen Erschöpfung der Edlen Aufschlüsse!